Die Maske

Die taz, die Tageszeitung fragte verschiedene Autoren und Autorinnen, darüber nachzudenken, was von der Pandemie bleiben könnte, wenn die Pandemie vergangen sein wird. Ich habe über die Maske geschrieben. Hier ist der Text mit allen Links, auf denen meine Recherche beruht:

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Wer den kulturellen Chauvinismus der westlichen Welt verstehen will, soll sich den Eiertanz ums Masken tragen anschauen. Da waren sich noch im Frühjahr 2020 Leute wie Michael Ryan, der Nothilfedirektor der Weltgesundheitsbehörde WHO, aber auch Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Institut, und der Gesundheitsminister Jens Spahn sicher, dass es nichts bringt, in einer Pandemie Mund und Nase zu bedecken. Was sie damit zum Ausdruck brachten: Länder wie China, Japan, Korea, wo es selbstverständlich ist, Mund und Nase zu bedenken, wenn man erkältet unterwegs ist, zählen nicht. Was die tun ist Pipifax. Wie man so etwas nennt? Kulturelle Arroganz wohl.

Das wirklich Gute: Millionen Frauen weltweit haben sich dennoch hingesetzt und Mund-Nasen-Bedeckungen genäht, trotz solch unbewiesener Behauptungen bezüglich deren Nutzlosigkeit. Die Frauen haben es getan, weil sie etwas tun wollten, um ihre Familien zu schützen, weil sie gesehen haben, wie sehr die Krankenschwestern in den Hospitälern unter dem Maskenmangel litten. Und weil sie sich denken konnten, dass die, die erklärten, Masken seien nutzlos, aus westlicher Perspektive argumentieren.

Erst als die ersten Forschungen nachwiesen, dass Masken schützen, änderte sich die Rhetorik von Politikern, dem RKI, der WHO. Und was kriegten die Forschungen raus: Mund-Nasen-Bedeckungen schützen. Sie schützen erheblich. Sie schützen nicht nur die anderen, sondern auch die Leute, die sie tragen. Die Selbstgenähten der Frauen schnitten dabei so gut ab wie medizinische Masken, wenn sie aus Baumwolle oder Seide und mehrlagig waren.

Das wiederum hat die Politiker hierzulande nicht davon abgehalten, im Laufe der Pandemie anzuordnen, dass nur noch industriell gefertigte OP-Masken, die den selbstgenähten in der Wirkung bestenfalls gleich sind, oder FFP2 Masken getragen werden dürfen. Der Vorteil für einige Politiker der CDU dabei: Sie konnten mit diesen Masken dank Provisionen viel Geld verdienen. Im Umkehrschluss haben sie damit die Leistungen der nähenden Frauen klein gemacht. Aber das gehört zum westlichen Kulturchauvinismus dazu, dass Leistungen von Frauen weniger zählen.

Wie wirksam das Masken tragen und die Hygienemaßnahmen sind, zeigt sich nun zudem daran, dass die normale Influenza dieses Jahr so gut wie ausgeblieben ist. Laut RKI gab es in der laufenden Grippesaison 2020/2021 bis Ende April 541 Influenza-Fälle Vor einem Jahr waren es über 185.000.

Daraus könnte abgeleitet werden: Wer in Zukunft eine Erkältung oder Grippe hat, soll, so er oder sie unterwegs ist, Nase und Mund bedecken. Gut möglich, dass es in den westlichen Ländern jedoch nicht soweit kommt. Weil das erneut ein Kniefall vor der Kultur Asiens bedeutete. Es sei denn, dass auch dieses Mal die Frauen ihre selbstgenähten Masken hervorholen und sich und andere damit schützen. Unter dem Hashtag #FrauenhörennichtaufMänner sollte das die Runde machen.