Ganz schön verpuzzelt

Ein Halskette aus Puzzleteilen.

Foto: Waltraud Schwab

Was macht man mit einem Puzzle, wenn ein Teil fehlt? Man bastelt daraus ein selbstgebasteltes Geschenk, etwa eine Halskette. Eine Anleitung.

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In vielen Haushalten liegen Puzzles, bei denen ein paar Teile fehlen. Weggeworfen werden diese nicht, denn da ist die Hoffnung, dass sich die fehlenden Teile hinter Schränken, zwischen Sofapolstern oder unter Teppichen doch wieder finden. Sie tun es nicht. In den allermeisten Fällen zumindest. Und wenn doch, wird nicht sofort das Puzzle ausfindig gemacht, zu dem sie gehören. Die Fundstücke wandern in irgendwelche Schubladen, und es wird vergessen, in welche. Einmal unvollständig, bleiben die Puzzle es meist. Die erste Frage also: Warum werden sie nicht in den Papiermüll getan? Und die zweite: Wenn sie nicht weggeworfen werden, was kann man noch damit machen?

Die gleiche Geschichte wiederholt sich bei kaputten Halsketten, kein echter Schmuck, aber dennoch heiß geliebter. Als der Verschluss abriss, sprangen ein paar Perlen raus und verteilten sich zwischen Bodendielen und Ritzen. Werden sie nicht gefunden, verschwinden auch die kaputten Ketten in Schatullen in der Hoffnung, sie doch irgendwann wieder zu vervollständigen. Die Idee ist so charmant wie aussichtslos. Ich spreche aus Erfahrung.

Alter Tand liegt bei mir rum. Was es allerdings nicht gibt, sind Puzzles. Für die reichte meine Geduld nie. Bis jemand jedoch bereit war, mir ein altes Puzzle zu schenken, bedurfte es mehrerer Anläufe. Offenbar ist die Hoffnung auf Vervollständigung doch größer als die Vernunft. Am Ende erbarmte sich meine Schwester und schickte mir welche per Post, damit ich endlich etwas Neues aus ihnen machen kann: Puzzleketten, Körperdeko, selbst Baumschmuck für den Weihnachtsbaum ist möglich. Unikate eben. Jedes verwandelte Ursprungsding fördert den Eigen-Sinn.

Die Idee, aus Puzzleteilen und alten Perlenketten Schmuck und Deko zu machen, stammt gar nicht von mir, sondern von Witha Heussner. Sie lebt in Hartheim am Rhein, diesem Dorf, das laut Statistischem Landesamt der „Durchschnittsort“ von Baden-Württemberg ist und über das ich einst schrieb. Heussner wohnt dort schon ein halbes Jahrhundert – als Künstlerin, Lebenskünstlerin, Vermittlerin auch. Vor ihrer Scheune steht ein Büchertisch, man nimmt und gibt – es ist die Bibliothek im Ort; in der Scheune wird wundersam Künstlerisches und Handwerkliches verkauft, auch Second-Hand-Dinge – es ist der dörfliche Geschenkeladen; ihr Garten aber ist ein Zentrum für Kunst und Kultur.

Eine Person bastelt eine Kette.

Basteln geht immer, Foto: Waltraud Schwab

Heussner bietet den Kindern aus dem Dorf und der Umgebung mitunter Ferienkurse an. Immer wird dabei Altes zu Neuem. Jedes Jahr macht sie etwas anderes. Die Idee, Puzzleteile zu verwandeln, sei in all den Jahren allerdings der Hit gewesen. Am Ende hätten die Kinder mit ihren Halsketten, Armbändern, Fußbändern posiert, wie Models es tun, erzählt Heussner. Sie hätten ihre Hände mit dem Armschmuck, ihre Oberkörper mit dem Halsschmuck elegant in Szene gesetzt. Als wäre es etwas Überliefertes, sich zu zeigen, „als liege es im Blut“.

Heussners großer Wunsch jedenfalls, wenn Sie ihre Idee aufgreifen: dass Sie den Stress und die Pandemie vergessen, wenn Sie nach dem Schönen im Vergänglichen suchen. Probieren Sie es mit Ihren Kindern aus.

Und so funktioniert’s:

1. Sie benötigen Puzzle­teile, Perlen, einen ­festen Faden und ­einen Ösenknopf, das ist so einer ohne Knopflöcher, aber mit einer Öse auf der Unterseite, durch die man den Faden ziehen kann. Der Knopf dient als Verschluss. Bei langen Ketten, die problemlos über den Kopf gezogen werden können, braucht man ihn nicht, da verknotet man die Fäden einfach.

2. Mit einer Ahle oder einer großen, dicken Nadel werden feine Löcher in die Puzzleteile gestochen. Das ist der Part, der die Mitarbeit von Eltern verlangt. Wer eine Lochzange hat, hat es einfacher.

3. Sie nehmen einen festen Faden, idea­ler­weise Leinenzwirn, in einer großzügigen Länge und machen am Ende eine Schlaufe, die groß genug für den Ösenknopf ist.

4. Danach fädeln Sie abwechselnd Perlen und Puzzleteile so auf die Schnur, wie es Ihnen gefällt. Es hat sich als positiv herausgestellt für den Nacken etwa 15 Zentimeter nur Perlen und keine Puzzleteile aufzufädeln. Das ist angenehmer und passt auch besser unter Jacken.

5. Dann fixieren Sie den Knopf am F­aden und ­ziehen die abstehenden Restfäden ebenfalls durch die Puzzlestücke und Perlen, damit sie nicht mehr zu sehen sind.

6. Zum Schließen ziehen Sie nun einfach die Schlaufe, die Sie am Anfang gemacht haben, über den Knopf.

7. Alternativ können Sie die Kette so lang machen, dass Sie gar keinen Verschluss brauchen. Dann einfach die Fäden von Anfang und Ende verknoten und die Endfäden in  den Perlenlöchern verstecken.