#Adventskalender mit Unsinnsgedichten 2021

Als ich einmal meinen leseunwilligen Neffen mit einem Adventskalender mit Unsinnsgedichten beglücken wolte, entstand diese Idee. Mein Neffe fand es öde. Ihr hoffentlich nicht.

***

24. Türchen

Im Sternglas ein Stern sitzt
den kannst du nicht trinken
Im Fernglas ein Fern sitzt
dem kannst du nicht winken.
Im Sternglas ein Fern sitzt
der ist am versinken.
Im Fernglas ein Stern sitzt
den siehst du nun blinken.

 

23. Türchen

Ein Spatz sitzt oben auf der Leiter
Dort geht die Leiter nicht mehr weiter.
Du fragst genervt: Was soll’s?, und: Und?
Da bellt ein großer böser Hund.
Der Spatz da oben auf der Leiter,
öffnet die Flügel und fliegt weiter.

22. Türchen

Sie haben beide reserviert
im Restaurant „Zum Fisch“,
sie sitzen schweigend und beredt
sich gegenüber an ’nem Tisch;
sind oben cool und ungeniert
und unten angespannt verdreht.
Es ist ihr erstes Rendezvous,
sie schlüpft nervös aus ihren Schuh,
und als sie liebestrunken gehn,
lässt sie die Schuh dort einfach stehn.

 

21. Türchen

Die Elster sieht das Telefon
glitzernd in der Sonne,
es liegt verwaist auf dem Balkon,
sein Glanz ist eine Wonne.
Sie will es haben, aber wie?
Sie pickt daran ganz fleißig
und geht vor Schreck dann in die Knie:
„Oh Gott, schon 11 Uhr 30“.

 

20. Türchen

Im Morgendämmer guckt die Frau
fragend in den Himmel.
Dort indes sieht sie nur Grau
und keinesfalls den weißen Schimmel,
den sie sich tautologisch bunt
herbeisehnt aus des Herzens Grund.
Wobei sie auch dem schwarzen Rappen
nicht abgeneigt wär,
nicht aber einem alten Lappen
und einem Schießgewehr.

19.  Türchen

Der Laden läuft.
Wo läuft er hin?
Er läuft ins Mehr,
wo er ersäuft.

(Sollte es „Meer“ anstatt „Mehr“ heißen?)

18. Türchen

Der Fuchs lebt gerne in der Stadt
denn dort gibt’s Zebrastreifen.
Er wartet, bis wer erkannt hat,
dass er hinüber gehen will,
und bringt zum Halt die Reifen.
Der Fuchs hat Potential gar viel,
der Schulsenat sieht diese Chose,
und gibt ihm eine Chance zivil:
Der Fuchs wird Schülerlo’se.

(Ich musste leider wieder die Rechtschreibung etwas schleifen, damit es sich reimt.)

17. Türchen

Diese Spinne an der Wand
sie hat eine Mission.
Sie will, dass eine Fliege
in ihr Netz flöge
und sie sie besiege
mit Geduld und Passion.
Ja, die Spinn‘ liegt auf der Lauer.
Und ja, die Flieg‘ ist halt nicht schlauer,
denn sie touchiert das feine Band
am Rand.

16. Türchen

Es fällt ein kleiner Wassertropfen
vom Wasserhahn ins Wasserglas
ein zweiter fällt – es gibt Herzklopfen
ein dritter, vierter, ja gar viele,
sie machen voll das Maß;
die Tropfen intimst so vereint entwickeln sehr starke Gefiehle.
Da kommt ein kleiner Bub daher
und trinkt das ganze Glas schnell leer.

(Gefiehle ist kein Rechtsschreibfehler, sondern eine Notwendigkeit, damit sich’s reimt.)

15. Türchen

Und als es schon fast dunkel war
da flog ne Bien‘ durchs Zimmer
Hey Bien‘ wo willst du denn noch hin?
Nach Hause sagt sie da.
Ihr Haus sei in ’ner Lichtung
Da gucke ich auf Google Maps
und zeige ihr die Richtung.


14. Türchen

Sie bittet mich, Geduld zu haben
über das Telefon,
dazu stellt sie Musik noch an,
an der soll ich mich laben,
und läuft auf Nimmerhör’n davon.

13. Türchen

Madame, bitte erlauben Sie
Ihnen den Hof zu machen.
Ich fall‘ für Sie auf meine Knie.

Ja, gerne doch, sagt darauf sie.
Erst den Schutt weggekehrt
dann die Mülleimer geleert,
das sind zum Tun im Hof die Sachen.

Verstehe, sagt die*, die* verehrt,
bei Ihnen hab ich nichts zu lachen.


12. Türchen

Man glaubt es nicht, die Winkelzüge,
die sich die Politik erlaubt.
Mal hü, mal hott,
mal steckt sie dann den Kopf auch in den Staub.
Ob Klima, Viren, und Herrgott
auch Menschenrechte mit Verlaub
für Politik sind das nur Winke-Winke-Züge.


11. Türchen


Los komm Gedicht,
versteckt dich nicht,
bring endlich Licht
ins Hirndickicht.
 
Los komm Gedicht,
ich brauch dich schlicht,
lass mich Habicht
sein, kein Habnicht.

10. Türchen

Der Wind bläst durch die Fensterritze
es klingt als spreche er,
sagt: wwwwitzeeee, hhhihitzeeee, zzzzzitzeeee, bbbblitzeeee,
doch ich versteh nichts mehr.
Das Windisch, das ins Zimmer zieht
klingt wie ein angriffslustig Lied.

9. Türchen

Niemand sieht die Perle funkeln
in der Ritzen vom Sofa
vergeblich glitzert sie im Dunkeln.
Da findet das Kind sie und schreit freudig „hurra“,
und steht dann doch ganz ratlos da,
denn wo der Rest der Kette ist,
(es überlegt hin und her),
weiß es leider nicht mehr,
weil man so was eben vergisst.

8. Türchen

Die Gelbwest und der Brexiteer,
die sind echt krass geadelt,
sie stehen nice im Duden drin
und hypen so die Dystopien
im Meinungskorridor von hier
und werd’n von kein’m Rechtschreibfreak
nun noch disliked oder getadelt.

Die kursiven Wörter stehen neuerdings im Duden.)

7. Türchen

Neulich in des Morgens Grauen
schreit der Mistkäfer laut: Mist.
Er steht alleine in den Auen
weil nirgendwo noch Mist mehr ist.

Der Mist von heute heißt Corona.
Viel hilft dem Mistkäfer das nicht.
Es braucht fürs Käfers gutes Seinda
Ne warme, stinkende Mistschicht.

6. Türchen

Verstaubt liegt die Bla-Bluuu-Blockflöte
im Kinderzimmer unterm Bett.
Das Kind, es präferiert ne Tröte,
die Eltern finden das nicht nett.
Sie schwadronieren was von „Kröte“,
(oh oh), und einem „Flageolett“.

5. Türchen

Sie ist ne Frau, nein, ein Frollein
ein flatterhaftes, kapriziöses,
mal ist sie kalt, mal ist sie heiß,
ein Luder gar, ein grundtief böses.
Ihr Name endet nett auf A
Sie heißt Klima, sie heißt Klima
Das klingt sehr weiblich und adrett
versächlicht noch, und halt nur nett.

4. Türchen

Es kam dann, wie es kommen musste:
Das Kind verlor sein Zuckerherz
Es heulte sehr, weil es nicht wusste
wie sonst umgehen mit dem Schmerz
Da sagt die Mutter sehr sehr weise
du Kind, sei endlich endlich leise
was ist denn schon ein Zuckerherz
gegen den Süßgesang der Meise.

3. Türchen

Der Mann schaut aus dem Fenster raus
und denkt an ein Glas Wein,
da kommt den Sims entlang die Maus
schaut in sein Zimmer rein.

„Und?“, fragt jetzt vorwurfsvoll der Hund,
„wo bleibt die Katz
mit ihrer Tatz?
Nur so wird das Poem doch rund.“

2. Türchen

Er hat den Farbfilm vergessen,
als er mit ihr auf Reisen ging.
Sie schimpfte darauf wie besessen,
als ob ihr Leben daran hing.

Dabei, das sei euch doch gewahr,
was ihr da seht so wunderbar
vergeht,
denn Farben hat nie wer besessen.

(Dieses Gedicht ist eindeutig Frau Merkel gewidmet. Heute am 2. Dezember 2021, war der Zapfenstreich für sie. Sie wünschte sich als Abschiedslieder: „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen, „Für mich solls rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef und das Kirchenlied „Großer Gott wir loben dich“. Das war mein liebstes Kirchenlied, als ich Kind war. Die anderen beiden Lieder mag ich auch. Nie hätte ich gedacht, dass es so viele Überschneidungen zwischen ihr und mir gibt.)

1. Türchen

Rasant geht’s nun durch den Advent
mit ’nem Gedicht pro Tag.
So niemand Weihnacht‘ denn verpennt
auch wenn er’s Christkind gar nicht mag.

Das Gedichtchen aus sechs Zeilen
lädt ein, ein wenig zu verweilen.

***

Feedback gerne an: schwab@ipn.de