Die Extraklasse

MISSERFOLG Ohne Bildung keine Zukunft – Yilmaz, Orhan, Serhan sehen das nicht so. Für sie ist Schule nur Last. In Praxisklassen bereitet man sie aufs Berufsleben vor. Aber um ihre Zukunft hätte man sich früher sorgen müssen
AUS BERLIN WALTRAUD SCHWAB

Ahlam sitzt auf einer Bank am Rand des Fußballplatzes. Sie schaut den Jungs aus ihrer Klasse zu, wie sie den Ball über das Spielfeld treiben. Ümit*, Mahmut, Taifun*, Yilmaz* und die anderen. Immer im Klüngel kämpfen sie. Alle gegen alle. Alle gegen den Ball. Meist sind sie in der hinteren Ecke verkeilt, der einzig verschatteten auf dem Platz. Ihre Körper ineinander, aneinander, bis zum Befreiungsschlag, bei dem der Ball gegen die metallenen Gitter knallt. Schreiend stäuben sie auseinander, als zerfielen sie – vorher Molekül – nun plötzlich in lauter gleiche Atome. Auseinanderhalten kann man sie kaum. Ihre Bewegungen, ihre Energie machen sie gleich, obwohl einer groß und schlaksig, ein anderer klein und dünn ist. Einer hat Pickel, einer einen schwabbligen Bauch. Alle haben Basecaps auf dem Kopf. Auf ihren T-Shirts steht „Detroit“ oder „65“ oder gar nichts. Es ist heiß. Zu heiß zum Denken.

»Schön ist das nicht«

Waltraud Schwab erhält den Journalistenpreis der deutschen Zeitungen – Theodor- Wolff-Preis 2005 in der Kategorie »Lokales« für den Beitrag »›Schön ist das nicht‹«, erschienen in der taz – die tageszeitung, Berlin, am 25. Februar 2004.

Waltraud Schwab beleuchtet eine außergewöhnliche Person in einer ungewöhnlichen Umgebung. Der ehemalige Hubschrauberpilot und Arbeitslose sorgt in einem Berliner Kiez, wo 50 Prozent der Bewohner von Lohnersatzleistungen leben, für Recht und Ordnung. Er ist in diesem Teil des Weddings der heimliche Bürgermeister. Mit klarer, unverkrampfter Sprache lässt sie den Hausmeister agieren, erzählt wie nebenbei sein abwechslungsreiches Leben. Kurz und prägnant schildert sie die Verhältnisse in einem Berliner Kiez, der in Verruf ist. Vortrefflich gelingt Waltraud Schwab ein Porträt, eingebettet in eine Zustandsbeschreibung über das Wohnquartier. Die Autorin nimmt in bester Reportagemanier den Leser an die Hand, führt ihn zu Klaus Dehne und zu seinen ungezogenen, schwierigen Jugendlichen. Beiden nimmt man ihre Rollen ab. Ein lebhafter, vorbildlicher Beitrag, der von der Beobachtungsgabe und den erzählerischen Fähigkeiten der Autorin lebt.